Die Überraschung war gewaltig. Der Besucherstrom wollte einfach nicht abreißen am letzten Samstag. Selten war das Bürgerhaus in den letzten Jahren so gut besucht bei einem Konzert des Musikvereins wie letzten Samstag. So musst sogar noch kurz vor Konzertbeginn nach bestuhlt werden, da selbst die optimistischsten Erwartungen übertroffen wurden.
Unter dem Motto „Musik ist Trumpf“ präsentierte der Musikverein Harmonie wieder einmal die große Bandbreite der Blasmusik. Gleich 4 Formationen, alle aus den Reihen des Vereins, präsentierten Musik auf höchstem Niveau. Nicht nur die Solisten konnten mit Bravour überzeugen, auch die Orchester zeigten ein sehr differenziertes und ausgewogenes Klangbild.
Nach der Eröffnung durch den 1. Vorstand Peter Wildschütz, gewohnt souverän und mit einer Prise Humor gespickt, machte den musikalischen Anfang das Jugendorchester. Im Laufe der letzten Jahre unter der Leitung von Thorsten Reinau haben sich die Jugendlichen zu einem stattlichen Klangkörper von fast 30 Musikern entwickelt. Der musikalische Bogen reichte von Oldies aus den Sechzigern über Disko-Pop der 70er bis zu aktuellen Hits von heute. Äußerst routiniert wurde das Programm von Sabrina und Sina moderiert. Solistisch konnte Lydia mit der Trompete mit der gefühlvollen Ballade Vidda überzeugen. Ganz souverän und routiniert, mit kräftiger Stimme glänzte Eveline mit den Song „Halleluja“ von Leonard Cohen. Welches Jugendorchester kann schon eine Sängerin in seinen Reihen vorweisen. Krönender Abschluss war ein Potpourri aus den den Wünschen der verschiedenen Register, arrangiert vom Dirigent.
Eine ganz neue Klangvariante folgte mit dem eigens für dieses Konzert zusammengestelltes Salon-Orchester. Auch die Stücke wurde eigens für diese Formation arrangiert, ganz im Stile der goldenen 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Evergreens wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ oder „Ein Freund, ein guter Freund“ animierte das Publikum zum Mitsingen. Ein besondere Höhepunkt war „In der Bar zum Krokodil“, gesungen von Simone Wildschütz. Geschickt kokettierte sie mit dem dem Publikum und interpretierte das Stück auf ganz eigene Weise mit klarer Sopranstimme. Wer genau hingehört hat musste auch feststellen, dass der Text so seine kleinen versteckten Anspielungen hatte. Peter Tschaikowsky im Stile der 20er Jahre? Auch das ist möglich beim Musikverein. Vier Flötensolistinnen, Jutta, Cornelia, Sonja und Isabel und der Tanz der Mirlitons aus dem Nussknacker. Dabei war nicht nur die Musik Stilecht, sondern auch die Garderobe der vier Damen war der Zeit entsprechend mit Zylinder und Federboa. Da wurden neben den Ohren auch die Augen verwöhnt.
Der aufmerksame Konzertbesucher hatte schon beim Lesen des Programmhefts erkannt, dass in diesem Konzert noch längst nicht alle Trümpfe ausgespielt wurden und hat sich daher in der Pause bei leckeren belegten Brötchen und einem Getränk gestärkt für den zweiten Teil.
Nach der Pause dann die kleine Blasmusik. Diese Formation, bei vielen Wettbewerben preisgekrönt, widmete sich mehr der Traditionellen Blasmusik, wirkte dabei auffallend frisch und in bester Spiellaune. Immer wieder auffällig das hohe Niveau der Musiker, welches noch übertroffen wurde durch die hervorragenden Einzelsolisten. So konnte Iben an der Tuba, der auch im großen Blasorchester und in der Jugendkapelle spielt, mit einer eigens für ihn komponierten Polka „Der Tiefstapler“ glänzen. Auch die Soloposaunen, Wolfgang und Dirk zeigten ihre besonderen Solistischen Fähigkeiten mit „Petr a Pavel“.
Im vierten und letzten Teil des Konzerts stand dann das große Blasorchester auf der Bühne. Die Eröffnung, einmal anders, von der Empore, ganz im Stile großer deutscher Fernsehunterhaltung mit „Musik ist Trumpf“. Die Überleitung, während die Musiker auf die Bühne zurück kamen, wurde wie im letzten Jahr von Philip Kampe moderiert. Mit Hintergrundinformationen zu den Stücken und einer Prise Humor moderierte er gekonnt durch den Abend. Auf der Bühne angekommen hielt dann auch ein Hauch von Broadway Einzug ins Bürgerhaus. Mit „Girl Crazy“, einem Musical von George Gershwin zeigte der Musikverein, dass er auch in den etwas jazzigeren Musikrichtungen stilsicher unterwegs ist. Doch damit nicht genug. Mit der „Jazz Suite“ des zeitgenössischen Komponisten Thorsten Wollmann, zeigte das Orchester, dass Jazz nicht nur frei und wild ist, sondern durchaus gefällige Rhythmen und harmonische Züge vorweisen kann. Der dritte Satz erinnerte sogar entfernt etwas an die Titelmusik aus „Die Straßen von San Francisco“, einer Fernsehserie aus den 70er Jahren. Unbestrittener Höhepunkt des Abends war das Klarinettensolokonzert von Artie Shaw. Wie konnte es anders sein, auch dieses Werk eher aus dem Bereich der schrägeren Harmonien. Cindy Lukowitz meisterte dieses, höchst anspruchsvolle Stück mit Bravour. Der lang anhaltende Beifall des Publikums war der verdiente Lohn. Gefühlt ist das Konzertpublikum bereits einmal den Broadway hinauf und wieder herunter gelaufen, um zum Abschluss noch die wohl bekanntesten Melodien von Frank Sinatra zu genießen.
Zum großen Finale wurde es dann richtig eng auf der Bühne. Das mittlerweile recht stattliche Jugendorchester gesellte sich zum großen Blasorchester. Mit nun über 60 Musikern endete ein musikalisch hochklassiger, kurzweiliger Konzertabend mit „Music“ von John Miles.